Winston Smith VX-Rookie
Anmeldedatum: 14.05.2010 Beiträge: 23
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Verfasst am: Mi Jul 14, 2010 11:16:34 Titel: Vom rechten Schalten und Walten |
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Hallo Leute,
ich habe im Buch von Bernt Spiegl "Die obere Hälfte des Motorrads" folgende Passage gefunden, die mir ein bisschen Kopfzerbrechen bereitet. Man möchte ja richtig Schalten, darum bitte ich kurz um eure Meinung. Wie schaltet ihr? Wie schaltet man richtig? Gelten die Hinweise unten auch für die VX uneingeschränkt?
(Dies soll keine Werbung für das Buch sein und auch nicht gegen irgendwelche Copyrights verstoßen. Sollte es das tun bitte das Post löschen.)
Zitat Bernt Spiegl: "Das Schalten bleibt bei so manchen ordentlichen Motorradfahrer auf einem recht bescheidenen Niveau hängen. Warum sollte es sich auch verbessern? Es reicht ja völlig aus, und so fehlt, abgesehen vom gelegentlichen Krachen, fast jeglicher Optimierungsdruck. Auch lässt es sich mit wachsender Übung gar nicht allmählich verbessern wie sonst so viele andere Dinge beim Motorradfahren. Sondern das geht nur mit einem Sprung, entweder falsch oder richtig. Und so lange es falsch ist und kracht, gibt man eben dem Getriebe die Schuld.
Bei leichteren Motorrädern, auf denen man in der Regel lernt und die man in den ersten Jahren so fährt, kann man sich ein nachlässiges Schalten meistens ungestraft erlauben. Aber spätestens beim Umsteigen auf eine schwerere Maschine sollte man beim Schalten korrekter vorgehen. Wobei freilich nicht zu leugnen ist, dass manche Motorräder mehr Sorgfalt beim Schalten erfordern als andere.
Noch im Stand, schon beim Einlegen des ersten Ganges sieht man, in welchem Verhältnis der Fahrer zu seinem Getriebe steht. Da wird nämlich der Erste oft gar nicht mit Fußspitze oder Ballen eingelegt, sondern nach dem Auskuppeln wird mit dem ganzen Fuß kurz auf den Schalthebel gestampft- Krach!-, als ob es sich um einen etwas zurückgebliebenen Kickstarter handeln würde- schmerzhaft schon das Zuschauen!
Auskuppeln und Einrücken des Ganges gehören auf das Engste zusammen und erfolgen nahezu gleichzeitig (genauso wie beim Zurückschalten das Auskuppeln, der kurze Gasstoß zur Drehzahlanpassung und die Betätigung des Schalthebels gleichzeitig und das Wiedereinkuppeln ohne jede Pause unmittelbar danach erfolgen). Gerade beim Einrücken des Ersten bei noch stehenden Motorrad darf den Getrieberädern, die ja nur eine geringe Ausrollzeit haben, keine Zeit gelassen werden, stehen zu bleiben. Je besser die Kupplung trennt, desto wichtiger ist das.
Genauso, wie er es beim Ersten gehalten hat, wird unser Freund nun fortfahren, sich durch die folgenden Gänge hindurchzuarbeiten: Er wird erst auskuppeln und dann schalten, so wie er es auf einem leichteren Motorrad oder mit einem mit besonders duldsamen Getriebe gelernt hat, und er wird es wahrscheinlich in fünf Jahren noch genauso machen und über Krachen und Zwischengänge klagen, in die er ab und zu gerät, und über Gänge, die herausspringen und dann immer öfter herausspringen, und schließlich vielleicht sogar über eine teure Getriebereparatur.
Möglichweise aber erfährt er irgendwann doch, wie es richtig geht. Nämlich, wie gesagt, auskuppeln und so gut wie gleichzeitig den Gang einlegen, und dann den Schalthebel noch einen Augenblick festhalten, bis wieder eingekuppelt ist. Wenn man schnell genug aus- und einkuppelt, dann ist das verzögerte Freigeben des Schalthebels von außen überhaupt nicht zu bemerken.
Aber: er wird das ein-, zweimal ausprobieren, ohne dass es auffällig besser gegangen wäre als sonst meistens auch, und er wird wahrscheinlich rasch wieder in seine alten Schaltgewohnheiten zurückfallen. Erst auf längerer Sicht nämlich wäre ihm aufgefallen, dass nie mehr Gänge herausspringen und auch keine geheimnisvollen Zwischengänge mehr vorkommen.
Auch das harte „Klack“ beim Hochschalten aus den unteren Gängen, vor allem bei hohen Drehzahlen, lässt sich vermeiden, wenn man den Schalthebel schon vor dem Auskuppeln ganz leicht vorbelastet, wobei dann im Augenblick des Auskuppelns, zeitglich mit dem Gaswegnehmen, der Gang wie von selbst einrückt. Das fühlt sich an wie bei gewissen Vorwählgetrieben: nicht mit dem Schalthebel, sondern mit der Kupplung wird der Schaltzeitpunkt bestimmt. Dabei kann man schön lernen, welch geringe Kräfte zum Schalten nur benötigt werden.
Wenn das klappt, ist es kein großer Schritt mehr, ganz ohne Kupplung zu schalten, denn man hat schon beim Probieren bemerkt: Nicht erst das Auskuppeln, sondern das Entlasten des Antriebsstranges durch das Gaswegnehmen hat zum Gangwechsel geführt. Das ist ein blitzschneller und bei „bürgerlichen“ Drehzahlen dazu noch getriebeschonender Schaltvorgang. Man hat schnell heraus, dass der Antriebsstrang nur ganz wenig und nur für einen winzigen Augenblick entlastet werden muss, damit der nächste Gang lautlos hineingleitet. So zu schalten, war früher im Rennsport zum Teil gebräuchlich, strapaziert aber bei hohen Drehzahlen das Getriebe erheblich ( was mit der Ausrollzeit der Getriebezahnräder zusammenhängt). Für den Alltag muss man ausprobieren, bis in welche Drehzahlbereiche das wirklich geräuschlos möglich ist. Heute hat sich im Rennsport der Schaltautomat durchgesetzt und er mach im Prinzip das Gleiche, wenn auch in der Abstimmung ungleich präziser: Sobald der Fahrer beim Beschleunigen den Schaltheben betätigt (ohne dabei Gas wegzunehmen!), wird die Zündung für einen kurzen Augenblick unterbrochen, zum Teil auch die Einspritzung zurückgenommen, und zwar derart kurz (zwischen 40 und 70 Millisekunden), dass überhaupt keine Schaltpause zu hören ist.
Allerdings wird nun das Schalten insofern komplizierter, als weitere Regeln dazukommen. Hochschalten ohne Kupplung geht nämlich nur, wenn vor diesem kurzen Gaswegnehmen Zug auf dem Antriebsstrang lag. Deshalb beim Probieren beachten: Wenn man z.B. nach Beendigung des Beschleunigens tourenmäßig mit gleichbleibender Geschwindigkeit dahinrollt, dann bedeutet das in der Ebene nur eine geringe Belastung des Antriebsstranges und kann leicht einmal zu einem Lastwechsel (d.h. Schub statt Zug führen. Wenn man in diesem Augenblick auf die geschilderte Weise noch um einen Gang hochschaltet, kann es hässlich krachen. (Woraufhin so mancher nach dieser Negativprämie die Finger wieder davon lässt.)
Man muss sich also zur Ergänzung seiner Programme, die man für die verschiedenen Fälle des Rauf- und Runterschaltens erworben hat, noch einige weitere Automatismen antrainieren, damit man nicht jedesmal über „wann“ und „wann nicht“ nachdenken muss." |
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Erwin VX-König
Anmeldedatum: 30.04.2003 Beiträge: 1231 Wohnort: Zentralschwabien
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Verfasst am: Mi Jul 14, 2010 11:52:09 Titel: |
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Hallo Winston Smith. hier spricht das Ministerium für Gedankenkontrolle
ich glaub nicht, dass Du hier einen fruchtbaren Boden für diese Diskussion findest. Sehr viele Mopedfahrer wollen sich nicht den Stress machen und an ihren Fahrkünsten feilen. Die meisten sind mit sich und ihrem Können zufrieden und solange sie sich nicht den Hals brechen, ist das auch OK.
Selbstverständlich gibt es für fast alles was man tut Verbesserungspotential. Da gehört das Mopedfahren ganz sicher dazu und Herr Spiegel ist bestimmt ein sehr guter Mentor. Wenn Du für Dich entschieden hast, dass Du Dich verbessern möchtest, dann kann ich nur gratulieren. Die Anleitung, wie man besser schaltet, gibt Bernt Spiegel ja in seinem Buch. Wichtig bei B. S. finde ich, dass man bei ihm lernen kann, wie jede Fahrt zu einer Übungsfahrt wird und man sich so im Laufe der Zeit sukzessive verbessern kann. Irgendwann fängt das an richtig Spaß zu machen und dann geht man den Weg zu Trainingsveranstaltungen fast automatisch.
Mich erinnerst Du daran, dass ich auch wieder was in der Richtung machen sollte.
Viele Grüße
Markus _________________ Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein schwäbisches Qualitätsposting.
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